Beim 8. Odenwälder First Responder Tag am 24.11.2018 in der Stadthalle Buchen bildeten sich die Einsatzkräfte fort.
371 notfallmedizinisch Interessierte trafen sich am 24.11.2018 zum achten OFIRTA – Odenwälder First Responder Tag – in der Buchener Stadthalle. Rund um die Uhr sind First Responder, also qualifizierte Ersthelfer oder „Helfer vor Ort“ (HvO), in ihren Gemeinden einsatzbereit, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken und so ehrenamtlich teils unmittelbar lebensrettende Hilfe zu leisten. Für diese unentbehrlichen Helfer organisieren die Leitenden Notärzte in Kooperation mit dem Förderverein psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Neckar-Odenwald-Kreis jährlich eine ganztägige Fortbildungsveranstaltung. Dank der Unterstützung mehrerer Sponsoren und vieler engagierter Mitwirkender war die Fortbildung für die Teilnehmer wie immer kostenlos. Vorrangige Zielsetzung der Veranstaltung ist es, durch gemeinsame Fortbildung verschiedener Fachdienste die Zusammenarbeit bei der Notfallversorgung immer weiter zu optimieren. Ganz wichtiges Element der Veranstaltung war auch der Austausch der Teilnehmer untereinander. Im Rahmen einer Ausstellung unterstützender Firmen und des Fördervereins PSNV konnten zusätzliche Informationen eingeholt werden.
Eine besondere Würdigung erfuhr das ehrenamtliche Engagement der Helfer durch die Anwesenheit und die Grußworte des OFIRTA-Schirmherrn Dr. Achim Brötel, Bürgermeister Roland Burger als „Hausherrn“ und Präsident des DRK-Kreisverbandes Buchen sowie das Mitglied des Deutschen Bundestags Alois Gerig. Sie alle betonten den unschätzbaren Wert der rund um die Uhr verfügbaren, gelebten Nachbarschaftshilfe, mit der die Einsatzkräfte bei zeitkritischen Notfällen zur Verfügung stehen. Mehrere Sponsoren hatten Preise gestiftet, sodass die Glücksfeen Pia, Anna und Lea Genzwürker dafür sorgten, dass sich über 70 Teilnehmer über kleine und größere Geschenke freuen konnten.
Dankbar für die vielfältige Unterstützung und begeistert von der stetig wachsenden Teilnehmerzahl mit neuerlichem Rekordergebnis zeigte sich Priv.-Doz. Dr. Harald Genzwürker, Sprecher der Gruppe Leitender Notärzte und Organisator des OFIRTA. „Wir freuen uns, dass so viele Engagierte sich die Zeit nehmen, um sich weiterzubilden.“ Aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und sogar aus Thüringen reisten die Teilnehmer an. Besonders würdigte er die Unterstützung verschiedener Sponsoren, des Kreisauskunftsbüros unter Federführung des DRK Hettingen, das sich um die Teilnehmerregistrierung kümmert, und ganz besonders die Leistung der Küchenmannschaft des DRK Ortsvereins Hardheim, die wieder – ebenfalls ehrenamtlich - für das leibliche Wohl der großen Zahl anwesender Einsatzkräfte sorgte. Auch die Unterstützung seiner Familie lobte er ausdrücklich.
Einen Einblick in die Entwicklung der Alarmierung von Helfern beim Kreislaufstillstand über Smartphone gab Stefan Prasse, Geschäftsführer von Mobile Retter e.V. aus Köln. Das seit Oktober im Neckar-Odenwald-Kreis als einer der zwei Pilotregionen für Baden-Württemberg aktive System soll dazu beitragen, dass mehr Menschen erfolgreich wiederbelebt werden können. Ausdrücklich betonte Prasse den ergänzenden Charakter dieses Systems als einen Baustein für höhere Überlebensraten. Wichtiger Unterschied zur Alarmierung über Funkmeldeempfänger oder „Piepser“ ist, dass über das Smartphone der aktuelle Aufenthaltsort des Helfers zum Zeitpunkt des Einsatzes zur Verfügung steht und so tatsächlich die Retter mit der kürzesten Entfernung zum Patienten aktiviert werden können. „Schneller ist immer besser, denn beim Kreislaufstillstand beginnt nach 3 bis 5 Minuten der unwiederbringliche Untergang einzelner Anteile des Gehirns.“
Nachdem im Februar 2018 die „Verordnung des Innenministeriums über die Mitwirkung von Helfer-vor-Ort-Systemen in Ergänzung zur Notfallrettung (Ersthelferverordnung - VOHvO)“ veröffentlicht wurde, stellte Dominic Burger-Graseck, Kreisbereitschaftsleiter des DRK Kreisverbandes Buchen die wichtigsten Inhalte vor. Diese Rechtsverordnung soll die Ausbildung, Ausstattung und Alarmierung der Helfer-vor-Ort-Systeme regeln, in denen sich ehrenamtliche Einsatzkräfte rund um die Uhr zur Unterstützung der Rettungsdienste engagieren, bietet im Detail aber noch Diskussionsbedarf. Beindruckend waren die Zahlen zum Umfang des freiwilligen Engagements: im Gebiet des DRK Landesverbandes Baden-Württemberg leisteten über 3.500 Helfer in 767 HvO-Gruppen im Jahr 2017 etwa 59.000 Einsätze. Auch wenn diese keinen Einfluss auf die gesetzliche Hilfsfrist haben, macht die schnelle Hilfe für viele Patienten im Notfall einen großen Unterschied.
Einen sehr praxisnahen Einblick in die Grundsätze des Vorgehens bei Einsätzen im Gleisbereich gab Björn Wasenko von der Deutschen Bahn AG. Seine Tätigkeit als Notfallmanager bringt ihn immer wieder in Kontakt mit den Einsatzkräften aller Organisationen, und ihm war es ein Hauptanliegen, diese für die zahlreichen Gefahrenquellen im Schienenbereich zu sensibilisieren. Neben den offenkundigen Risiken durch fahrende Züge nannte er vor allem auch die Strom- und Oberleitungen sowie die baulichen Gegebenheiten der Bahnstrecken. Wichtig sei für seine Tätigkeit, dass sich die Einsatzkräfte an- und abmelden, damit sich bei Freigabe der Strecke tatsächlich keine Personen mehr im Gleisbereich aufhalten.
Über die professionelle ehrenamtliche Rettungshundearbeit in Baden-Württemberg informierte Friedrich Reichert, Leiter der Rettungshundestaffel der Freiwilligen Feuerwehr Buchen. Zunächst stellte er die umfangreichen Anforderungen an die Ausbildung der Rettungshunde dar, welche die Voraussetzung für die Abnahme der Eignungsprüfung ist. Mehrere Rettungshundestaffeln verschiedener Hilfsorganisationen sind in der Region aktiv und werden je nach Einsatzmeldung einzeln oder gemeinsam alarmiert. Neben den Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz der „Helfer auf vier Pfoten“ bei Sucheinsätzen stellte Reichert auch anschaulich dar, welche Grenzen für die Arbeit mit Hunden gesetzt sind. Wichtiges Element sei die Landesarbeitsgemeinschaft Rettungshunde, durch die Ausbildung und Alarmierung überregional abgestimmt und koordiniert werden sollen.
Einer schwierigen, aber wichtigen Thematik widmete sich der nächste Fortbildungsblock. Zum Umgang mit Suizidankündigungen referierte Tobias Link, Oberarzt am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch und Koordinator des Bündnisses gegen Depression im Neckar-Odenwald-Kreis. „Das ist kein seltenes Geschehen“, wies er auf die jährlich fast 10.000 Selbstmorde in Deutschland hin, etwa die dreifache Zahl der Verkehrstoten im gleichen Zeitraum. Wichtiges Anliegen war ihm, falsche Ängste zu nehmen; durch Ansprechen von Selbstmordgedanken könne man diese genau so wenig auslösen wie Schmerzen - ohne Nachfrage könne man aber beides nicht behandeln. Im anschließenden Vortrag widmete sich Henning Waschitschek vom Team Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Neckar-Odenwald-Kreis der Problematik, wie Angehörigen und Einsatzkräften Hilfsangebote nach einer Suizidhandlung gemacht werden können. Aus eigener Betroffenheit die richtigen Worte zu finden, sei manchmal kaum möglich. Er riet deshalb, auch „Schweigen auszuhalten“, sich Zeit zu nehmen und Unterstützung anzufordern. In erster Linie gehe es darum, in einer extremen Ausnahmesituation menschliche Zuwendung spürbar zu machen, zuzuhören und zu helfen, das Umfeld der Betroffenen zu informieren und zu aktivieren. Die aufwändige, umfassende Ausbildung und Schulung der PSNV-Einsatzkräfte trage dazu bei, dass diese nicht unvorbereitet in derart schwierige Situationen gehen.
Ein emotionaler Moment war das Aufeinandertreffen des Leitenden Notarztes Dr. Patrick Schottmüller aus Eberbach mit dem 18-jährigen Jonas aus Hainstadt, der beim Busunfall am 16.01.2018 schwerstverletzt wurde und sich dank guter Versorgung erholen konnte, aber noch mit den Folgen des Unglücks kämpfen muss. Der Notfallmediziner berichtete von den Ereignissen am Morgen dieses außergewöhnlichen Tages im Januar und wie es gelang, die große Zahl von 44 Verletzten innerhalb von weniger als einer Stunde zu versorgen. Er brach eine Lanze für das ehrenamtliche Engagement, denn ohne diese Einsatzkräfte ließen sich solche Großeinsätze nicht bewältigen. Das gute Zusammenspiel des Rettungsdienstes aus dem Rhein-Neckar-Kreis und den Nachbarkreisen mit den Schnelleinsatzgruppen und Helfern vor Ort zeige, wie wichtig Investitionen in diesen Bereich seien. Auch Punkte, die nicht optimal gelaufen seien, thematisierte er in seinem Beitrag und ermutigte zu gemeinsamen Übungen.
Abschließend fasste Dr. Genzwürker die verschiedenen Aspekte dieses Fortbildungstages nochmals zusammen und ermunterte die ehrenamtlichen Rettungskräfte, ihr Engagement für das Gemeinwohl fortzusetzen. Zum Veranstaltungsende lud er die Teilnehmer zum nächsten OFIRTA am 23.11.2019 ein und dankte nochmals allen, die in irgendeiner Form zum Gelingen beigetragen haben.
https://www.ofirta.com/rueckblicke/42-2017-versorgung-von-schwerverletzten-ist-teamarbeit.html#sigProId8c082b8f45